Eudenbach. Dieter Reichelt löst nach drei Jahrezehnten Josef Göbel als
Vorsitzenden ab. Ein modernes Repertoire sorgt in Zeiten des Chorsterbens für
regelmäßigen Nachwuchs.
Als Josef Göbel neulich zur Probe ging, hatte er auch seine rote Mappe unter
dem Arm. Wie immer in den vergangenen 30 Jahren, wenn er sich als Vorsitzender
des Männerchores Quirrenbach Notizen für die wöchentliche Zusammenkunft der
Sänger gemacht hatte. „Josef“, habe ihm da seine Frau hinterhergerufen, „ich
dachte, du bist nicht mehr Vorsitzender?“ Göbel machte kehrt, legte seine Mappe
mit einem Schmunzeln wieder zurück und brachte lediglich seine Noten zur Probe
in das Pfarrheim Eudenbach mit. Seit Anfang Januar hat der Männerchor, der seit
112 Jahren besteht, einen neuen Vorsitzenden: Dieter Reichelt löste nach 30
Jahren Josef Göbel an der Spitze der Sänger ab.
Stolze 125 Mitglieder hat der Männerchor, 29 von ihnen zählen zu den aktiven
Sängern. Eine Zahl, die sich in den vergangenen drei Jahrzehnten nur wenig
verändert hat, wie Göbel zufrieden sagt. „Wir haben natürlich auch immer wieder
einige Abgänge, aber ein bis zwei Sänger kommen jedes Jahr auch neu
hinzu.“
Moderne Ausrichtung sichert Überleben des Chors
Ein Grund: „Wir haben vor rund acht Jahren begonnen, unser Repertoire
umzustellen. Da waren wir so eine Art Vorreiter unter den Chören.“ Neben Gospels
zählen seitdem beispielsweise auch kölsche Lieder und Popsongs zum Programm:
Stücke von Karat, Herbert Grönemeyer, Max Raabe, sogar von den Toten Hosen und
der Band Die Ärzte beherrscht der Chor – Durchschnittsalter: 69 Jahre – aus dem
Effeff.
Dass dem so ist, sei im Wesentlichen Pavel Brochin zu verdanken, der die
Leitung des Männerchors vor knapp 20 Jahren übernommen hat. Da sind sich Göbel
und sein Nachfolger Reichelt einig. „Er versteht es einfach, uns für neue Wege
zu begeistern“, sagt Reichelt. „Er spornt uns immer wieder an und traut uns
vieles zu.“ Gleichwohl überhöre der Chorleiter auch nicht den kleinsten
Halbtonfehler. „Und dann wird diese Stelle so lange wiederholt, bis sie sitzt.
Da ist er sehr genau und fordert Disziplin.“
Unkomplizierte Übergabe an neuen
Vorstand
Der Wechsel des Dirigenten 1999 sei in der Rückschau mit die „schwerste und
anstrengendste Zeit“ für ihn als Vorsitzender gewesen, sagt Göbel. „Der
Vorgänger Karl-Joseph Krahe hatte mehr als 20 Jahre den Männerchor geleitet,
trat dann als Sänger sozusagen wieder zurück in die zweite Reihe. Es war ein
Umbruch, der aber gut gelungen ist“, sagt Göbel rückblickend auf die Zeit.
Der Wechsel im Vorstand hingegen sei mehr ein Stab- als ein
Generationenwechsel: „Ich selbst bin 70 Jahre alt, mein Nachfolger 67“, erklärt
Göbel. „Aber ich bin der festen Auffassung, wenn von 29 Sängern 22 nie einen
anderen Vorsitzenden hatten, dann wird es Zeit, Platz für jemand anderen zu
machen.“
Sein Nachfolger hat die Aufgabe gerne übernommen. „Gleichwohl ist es ein
ziemlich großer Rucksack, den ich da schultere“ , so Reichelt, der seit 2003
Mitglied im Quirrenbacher Chor ist und dort zuletzt Schriftführer war. Ihm geht
es darum, Kontinuität zu wahren, aber auch Ideen für die Zukunft zu entwickeln.
Göbel wird ihm dabei als Stellvertreter mit seiner Erfahrung zur Seite stehen.
„Das war nicht meine Traumlösung“, gibt Göbel zu. „Aber der bisherige
Stellvertreter zieht vom Oberhau in die Eifel und stand schlicht nicht mehr zur
Verfügung.“
Nächstes Konzert ist schon geplant
Eine Arbeitsgruppe soll nun Ideen zusammentragen, in welche Richtung der Chor
sich in den kommenden Jahren entwickeln und wie man Nachwuchs gewinnen kann. Und
auch die nächsten Projekte stehen bereits an: So wird es am Sonntag, 1. Juli, in
Eudenbach ein Konzert geben, bei dem die Geschichte des Jazz im Vordergrund
steht. Die Proben beginnen bereits in den kommenden Wochen.
Der Männerchor Quirrenbach freut sich jederzeit über Verstärkung: Geprobt
wird immer dienstags, jeweils um 19.30 Uhr, im Pfarrheim Eudenbach.
Musikalisches Vorwissen ist übrigens nicht erforderlich. Weitere Informationen
gibt es im Internet unter www.mc-quirrenbach.de.